Inhaltsverzeichnis. Folgen. 3 Traumatisierung der Überlebenden. 3 Juristische Aufarbeitung. 5 Entschädigungen. 5 Kirchliche Aufarbeitung

August 14, 2016 | Author: Lukas Maus | Category: N/A
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Inhaltsverzeichnis Folgen 3—

Traumatisierung der Überlebenden

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Juristische Aufarbeitung

5—

Entschädigungen

5—

Kirchliche Aufarbeitung

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Leugnung und Verharmlosung

Folgen Traumatisierung der Überlebenden Viele Überlebende der Vernichtungslager und Menschen, die sich der drohenden Ermordung durch Flucht oder andere Umstände entziehen konnten, litten und leiden unter Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Der Psychiater und Psychoanalytiker William Niederland prägte dafür in den 1960er Jahren den Begriff vom Überlebenden-Syndrom. Vielen Holocaust-Überlebenden war und ist es zum Teil bis heute nicht möglich, über ihre Erfahrungen in den Todeslagern zu sprechen.

Juristische Aufarbeitung Das ganze Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen kam erst ans Licht der Weltöffentlichkeit, als alliierte Truppen die Gebiete befreiten, in denen sich die Konzentrationsund Vernichtungslager befanden. Die Alliierten hatten auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 neben der Entmilitarisierung auch die durchgehende „Entnazifizierung“ Deutschlands für die Zeit nach ihrem Sieg vereinbart und diesen Beschluss auf der Potsdamer Konferenz Ende Juli 1945 bekräftigt. Die Bestrafung nationalsozialistischer Verbrechen begann mit den von den Alliierten Mächten eröffneten Nürnberger Prozessen und den Folgeprozessen zwischen 1945 und 1948, insbesondere mit dem Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Seit 1945 sind in Westdeutschland insgesamt 912 Gerichtsverfahren gegen 1875 Personen wegen während des zweiten Weltkrieges begangener NS-Tötungsverbrechen durchgeführt worden. Von den Angeklagten wurden 14 zum Tode, 150 zu einer lebenslänglichen und 842 zu einer zeitlich begrenzten Freiheitsstrafe verurteilt.[39] Ab 1949, nach der Gründung der beiden deutschen Staaten, ging die Strafverfolgung in deren Zuständigkeit über. Sie kam aber in Folge des Kalten Krieges bald zum Erliegen. Parallel hierzu wurde jedoch auch die Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen sowie die Wiedergutmachung insbesondere enteigneter Opfer betrieben. In der DDR fanden einige Schauprozesse gegen untergeordnete Funktionsträger des NS-Regimes statt, in denen es weniger um deren individuelle Verantwortung als um Schuldzuweisungen an die westdeutsche Seite ging. Ehemalige NSDAP-Mitglieder konnten in der DDR Karriere machen, solange sie nur die SED-Herrschaft anerkannten. In der Bundesrepublik Deutschland wird die wenig nachdrückliche Strafverfolgung oft erklärt mit mangelndem Interesse in der Bevölkerung bzw. dem Einfluss ehemaliger NSDAP-Mitglieder in Staat und Verwaltung. Die Initiative zu deren Aufspürung blieb im Wesentlichen Privatleuten wie Simon Wiesenthal überlassen. Der niederländische Historiker Friso Wielenga spricht für 1952-1958 von einer Phase des relativen Schweigens, in der die Beschäftigung mit der NS-Zeit trotzdem nicht vollständig ausgesetzt habe. Ähnliche Prozesse des nachlassenden Interesses, der Bewältigung (auch eigenen) Leides durch Verdrängung lässt sich auch in anderen Ländern als Deutschland beobachten. Erst ab 1958 begann die westdeutsche Justiz in größerem Umfang, NS-Verbrechen zu verfolgen.

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Damals erreichten der Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees Hermann Langbein und der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer die Weiterverfolgung einer Strafanzeige von Adolf Rögner. Sie führte zur Verhaftung eines berüchtigten Folterers, des ehemaligen SS-Manns Wilhelm Boger. Langjährige Ermittlungen Bauers ermöglichten 1963 schließlich die Eröffnung des Hauptverfahrens zu den Auschwitz-Prozessen in Frankfurt am Main. Die Zeugenberichte und das große Medienecho auf diese Prozesse trugen bei vielen Deutschen zum Bewusstsein für die NS-Verbrechen bei. Andererseits verstärkten sich auch öffentlich erhobene Forderungen nach einem „Schlussstrich“. Die Angeklagten in den Auschwitz-Prozessen ließen keine Reue erkennen und beriefen sich stets auf den so genannten „Befehlsnotstand“. Ihre Verteidiger versuchten, die Gerichtsverfahren als „Schauprozesse“ zu diskreditieren, wobei sie einen Teil der öffentlichen Meinung hinter sich wussten. 1965 kam es im Deutschen Bundestag zu einer Debatte über die Verjährung von Verbrechen aus der NS-Zeit (Verjährungsdebatte); nach damaligem Recht betrug die Verjährungsfrist 20 Jahre und wurde ab 1945 gezählt. Zunächst wurde die Frist auf 1969 geschoben, indem man auf Gründung der Bundesrepublik 1949 verwies. 1969 wurde die Verjährungsfrist um zehn Jahre verlängert und 1979 für Mord und Völkermord gänzlich aufgehoben. In den folgenden Prozessen wurden in der Regel nur die unmittelbar ausführenden Täter der unteren Ränge in der Befehlskette belangt (dies ist häufig bei Großverbrechen). Die letzten größeren Verfahren gegen NS-Täter waren die Majdanek-Prozesse von 1975 bis 1981 vor dem Landgericht Düsseldorf. Von ursprünglich 15 dort angeklagten SS-Angehörigen wurden am Ende sechs Männer und zwei Frauen verurteilt: Dabei wurden nur eine lebenslängliche und sieben zeitlich befristete Haftstrafen zwischen drei und zwölf Jahren verhängt. Die Freisprüche und die als zu niedrig empfundenen Freiheitsstrafen lösten damals weltweite Proteste aus. Aufsehen erregend war ferner der Prozess gegen Adolf Eichmann in Jerusalem 1961. Der ehemalige Leiter des so genannten Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt hatte den Transport von Millionen europäischer Juden in die Vernichtungslager organisiert. Er konnte nach dem Krieg unter falschem Namen in Argentinien untertauchen. Der israelische Geheimdienst Mossad spürte ihn dort jedoch 1960 auf und entführte ihn nach Jerusalem. Die Prozessbeobachterin Hannah Arendt sprach in diesem Zusammenhang von der „Banalität des Bösen“. Die von Eichmann zur Schau gestellte bürokratische Gefühlskälte entsprach allerdings nicht seinem fanatischen Antisemitismus, der später erforscht wurde. Eichmann wurde im Dezember 1961 für schuldig befunden und zum Tod verurteilt. Nach einer Revisionsverhandlung wurde er im Mai 1962 gehängt. In Österreich wurde die Verfolgung von Kriegsverbrechern kaum wahrgenommen. Da eine zentrale Staatsanwaltschaft fehlt, wurden zahlreiche NS-Prozesse nicht geführt. Lediglich 20 Personen wurden seit 1955 in Österreich verurteilt, 23 Personen sprach man frei. 1966 kritisierte Simon Wiesenthal in seinem Memorandum an die Regierung das Desinteresse österreichischer Behörden an der Ausforschung und Strafverfolgung von NS-Tätern in Österreich. Seine Feststellung blieb folgenlos, denn Staatsanwälte und Polizisten waren stets überlastet, Ermittlungen wurden verzögert, ehemalige NS-Angehörige befanden sich unter den ermittelnden Beamten, Prozessbeobachter zu deutschen Parallelprozessen wurden nicht entsandt. Insgesamt wurden seit 1955 etwa gegen 5500 Personen Erhebungen geführt.

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Nachdem 1972 die zwei Erbauer der Auschwitzer Krematorien, Fritz Ertl und Walter Dejaco, und 1975 Johann Gogl, einst Schlächter in Mauthausen, von den österreichischen Geschworenen freigesprochen wurden, schien Wiesenthal vorübergehend zu resignieren: „In Österreich bleiben etwa 800 Nazis, gegen die ermittelt wurde, unbestraft.“ Unmittelbar nach 1945 hatte es hingegen noch ernsthaftere Versuche gegeben hatte, NS-Täter zu verfolgen; dafür zuständig waren die „Volksgerichte“.

Entschädigungen Die alliierten Militäradministrationen für das besetzte Deutschland und Österreich erließen – ebenso wie die späteren Regierungen der Bundesrepublik, der DDR und Österreichs – Regelungen, die alle Maßnahmen des Hitler-Regimes zur Entrechtung und Enteignung der Juden außer Kraft setzten. Eine vollständige Entschädigung zumindest für die materiellen Verluste der Betroffenen fand nicht statt. Zahlreiche Überlebende der Vernichtungslager und ihre gesetzlichen Erben mussten zum Teil über Jahrzehnte vor deutschen und österreichischen Gerichten um die Rückerstattung von Eigentum oder um Entschädigungszahlungen klagen. Die Regierung der DDR erklärte sich selbst als in einer antifaschistischen Tradition stehend. Sie wies bis kurz vor der Wende alle Ansprüche zurück, die sich aus Handlungen des Deutschen Reichs ergeben konnten. Nach bundesdeutscher Auffassung hingegen ist die Bundesrepublik Rechtsnachfolgerin des Reichs. Dies führte bereits unter dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer zu einer Wiedergutmachungspolitik, die zumindest ansatzweise eine kollektive Entschädigung vorsah. In Verhandlungen mit David Ben Gurion einigte sich Adenauer auf Unterstützungszahlungen für den Staat Israel, der als Rechtsnachfolger der ermordeten Juden betrachtet wurde. Diese Zahlungen lagen nicht zuletzt im Interesse der Bundesrepublik, die geachtetes Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft sein wollte. Die so genannten Wiedergutmachungszahlungen werden von deutschen Rechtsextremisten bis heute abgelehnt. Sie stießen aber auch in Israel auf heftige Kritik („Blutgeld“).

Kirchliche Aufarbeitung Bereits im Oktober 1945 verfassten evangelische Deutsche das Stuttgarter Bekenntnis – eine Stellungnahme evangelischer Christen zur Haltung ihrer Kirchen in der NS-Zeit. Es spricht noch nicht offen die Verbrechen an, benennt allgemein die deutsche Kriegsschuld. Aber bereits diese Formulierungen lösten Empörung, Unverständnis und heftigen Widerspruch der deutschen Öffentlichkeit aus und stießen nur selten auf Zustimmung. Die Kirchen versuchten ihrem Schuldanteil ungefähr seit 1960 vermehrt in einem zum Teil schmerzhaften Aufarbeitungsprozess Rechnung zu tragen. In der EKD bekennen sich heute immer mehr Teilkirchen im Gefolge der Rheinischen Synodalerklärung von 1980 zum „ungekündigten Bund“: Das Christsein sei ohne jüdische Existenz nicht möglich. Zudem wird erkannt, dass der Holocaust nie hätte geschehen können, wenn die Kirchen nicht jahrhundertelang alle Maßnahmen gegen Juden – außer der fabrikmäßigen Vergasung – vorexerziert hätten. Einzelne Landeskirchen haben Schuldbekenntnisse verabschiedet, die sich

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auch von judenfeindlichen Äußerungen Martin Luthers distanzierten. Innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche ist das Verhalten von Papst Pius XII. während des Holocaust bis heute umstritten. Der Papst hatte sich einerseits für die Rettung der römischen Juden eingesetzt, andererseits aber zu dem Völkermord geschwiegen, auch nachdem ihm die Tatsachen bekannt geworden waren. Die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Schuld an Antijudaismus und Antisemitismus und mit der Verantwortung von Katholiken für den Holocaust begann erst nach Pius’ Tod im Jahr 1958. Sein Nachfolger Johannes XXIII. sprach die Juden erstmals in der Geschichte des Papsttums als „Brüder“ an. Das von ihm initiierte Zweite Vatikanische Konzil verabschiedete 1965 die Erklärung Nostra Aetate, nach der es nicht länger kirchliche Lehrmeinung sei, die Juden kollektiv für den Tod Jesu Christi verantwortlich zu machen.

Leugnung und Verharmlosung Antisemiten und Geschichtsrevisionisten gingen bereits unmittelbar nach Kriegsende daran, den Holocaust entweder an sich zu leugnen, ihn zu relativieren oder gar zu verherrlichen. Dieses ist eine Grundtendenz im Rechtsextremismus, die aber auch ausstrahlt auf Teilbereiche der Neuen Rechten und des so genannten sekundären Antisemitismus. In der Gesamtbevölkerung nach 1945 hatte der Holocaust allgemein nicht die Aufmerksamkeit, wie er sie erst während und nach den 1960er Jahren bekam. Die Leugnung des Holocausts ist in der Bundesrepublik Deutschland nach § 130 Abs. 3 StGB – Volksverhetzung und § 189 StGB – Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener strafbar; ebensolches gilt in einigen anderen Ländern.

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