BERT STEFFENS Andernach. 1. Zeit der Aufklärung zweiter Teil Vom kennzeichnenden, artspezifischen Merkmal

September 7, 2021 | Author: Rüdiger Brauer | Category: N/A
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1 BERT STEFFENS Andernach II. Würde, Ehre, Wahn Wenn es denn richtig ist, dass Eigentum verpflichtet, wie muss dann...

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BERT STEFFENS Andernach

II.

Würde, Ehre, Wahn

Wenn es denn richtig ist, dass Eigentum verpflichtet, wie muss dann erst Denkvermögen verpflichten! Verfasser

1. Zeit der Aufklärung zweiter Teil – Vom kennzeichnenden, artspezifischen Merkmal Das Wort „Würde“1 stammt vom althochdeutschen Wort „wirdi“ ab und bedeutet soviel wie „wertvoll“. Insofern passt das Wort: Nichts ist dem Menschen von größerem Wert, als seine menschliche Freiheit, die er zumindest als Bestandteil seiner meist diffus verstanden Menschenwürde betrachtet.

Dieser

Wert

ist

nicht

einer

im

kaufmännischen

oder

messtechnischen Sinne, sondern im Sinne einer unveräußerbaren, unverzicht- und unabänderbaren, „absolut höchsten Rangstellung“. Kant2, der als Kind seiner Zeit – wie auch später Johann Wolfgang von Goethe3, Johann Gottlieb Fichte4 und Georg Wilhelm Friedrich Hegel - die Todesstrafe als Sühne aus der „Idee der Gerechtigkeit“5 heraus und zur Wiederherstellung derselben befürwortete, irrte, wenn er Würde als etwas definierte, das erst vom Menschen erlangt wird, wenn sich dieser dem „Sittengesetz“ - erkennbar im Kategorischen Imperativ6 - unterwirft. Würde sei somit dem Menschen nicht „angeboren“7, vielmehr erwerbe er diese nur dann, wenn er sich dem „Moralgesetz“ verpflichte und dies, weil er aus seiner Vernunft, nach selbst gegebenen Gesetzen, also autonom handelt.

Kurz: Aus dem „Moralgesetz“ bestimmtes und somit „vernünftiges“, mithin „autonomes“ Handeln, begründet die Würde des Menschen. Kant wörtlich:

„Autonomie ist also der Grund der Würde der menschlichen und jeder vernünftigen Natur.“8

Ohne an dieser Stelle auf den höchst unbestimmten Begriff „Vernunft“, der zudem in keiner ursächlichen Beziehung zu den Begriffen Menschenwürde und Autonomie steht, eingehen zu wollen, ist zu fragen:

Ist nicht die Erkenntnisfähigkeit des Menschen Ursache seiner Selbstbestimmtheit,

sprich

Autonomie

und

damit

seiner

unverlierbare Würde und ist damit Würde nicht bloß Grund aus „vernünftiger“ Erwägung?

Es ist richtig, dass auch der Mörder seine Menschenwürde hat und nicht verlieren kann. Ebenso kann man - legt man hier die im Weiteren vorgeschlagene Definition von Menschenwürde zugrunde - Kant nicht folgen, dass nur jenes, was „über jeden Preis erhaben“9 ist, Würde sei, wenn auch Kant beim Begriff „Preis“ sicherlich nicht an einen pekuniären Zusammenhang gedacht hat. Demnach hätte, nur beispielhaft angeführt, auch ein Meer „Würde“ oder, jenseits des physikalisch Beschreibbaren, auch die Schönheit der Berge. Menschenwürde ist auch nicht Belohnung oder Auszeichnung für gefälliges Verhalten gegenüber der Gemeinschaft, noch verleiht der Beifall der Gemeinschaft Menschenwürde. Nicht ein Beachtung forderndes Auftreten eines Menschen, nicht vom Üblichen abgehobene Kleidung, Titel, Berufsbezeichnung, noch sonstige zur Schau getragene Äußerlichkeiten haben etwas mit Menschwürde zu tun. Sie sind allenfalls Imponiergehabe und Darstellung äußerer, tatsächlicher oder vermeintlicher Macht. Anderes zu glauben ist ein Zeichen mangelnder eigener Aufklärung und eines Mangels an Bewusstsein eigener, tatsächlicher Menschenwürde, die immer das Merkmal der Selbst-Bestimmtheit hat, also etwas von gegenteiliger

Qualität

einer

selbstverschuldeten

Unmündigkeit

ist

(siehe

hierzu:

Immanuel Kant10 1784 „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“).

Um es (als Mann) klar zu sagen: Es geht auch nicht um „Männchenwürde“, sondern um die Würde des Menschen, gleich welchen Geschlechts, denn:

Die Spezies Mensch und damit auch das Menschsein selbst bedingt Frau und Mann. Beide sind – nicht nur bildhaft gesprochen – wie eine geteilte, funktionale Einheit11: Kein Teil ist verzichtbar, keiner von anderer Rangordnung, keiner mit anderer Würde und somit auch ohne gesonderte „Würde der Frauen“ oder „Würde der Männer“.

Es mutet daher anachronistisch an, wenn auch heute regelmäßig der Tod eines Kindes oder einer Frau mehr die Aufmerksamkeit und das Bedauern der Öffentlichkeit findet, als der Tod eines Mannes. Warum? Ist der Mann weniger Mensch, mit weniger Würde ausgestattet, vielleicht, weil er sowieso als „Kanonenfutter“ in menschenverachtenden Kriegen den Mächtigen zur Verfügung steht? Ist er eher verzichtbar und müsste man dann nicht zur Tatsache, dass er das „Pech“ hatte, als männlicher Teil der Spezies Homo sapiens auf die Welt gekommen zu sein, zu ihm bedauernd sagen: „dumm gelaufen, Mann“? Andererseits wird gleichzeitig der weibliche Teil der Spezies Homo sapiens vom männlichen Teil als solcher mit minderen Rechten oder gar als Mensch minderen Wertes oder als Besitz betrachtet. Friedrich Schiller12 meinte schwärmerisch, Würde sei „der Ausdruck einer erhabenen13 Gesinnung“ und noch im „Brockhaus’ Konversations-Lexikon“ von 1894 finden wir unter dem Stichwort „Würde“ lediglich den Verweis auf den Begriff „Anmut“ und das, so Brockhaus, bedeute soviel wie Grazie, Charis, Schönheit in der Bewegung, wobei jedoch Würde, anders als die Anmut, die „Beherrschung der willkürlichen Bewegung“ darstelle. Am 30.07.186014 kam es zum bekannten Streit in Sachen „Würde des Menschen“: Thomas Henry Huxley15 wurde vom damaligen Erzbischof von

Canterbury, Samuel Wilberforce angegriffen, weil er die Evolutionstheorie des Charles Darwin16 verteidigt hatte. Wilberforce polemisierte gegen Huxley und soll der Überlieferung nach diesen sinngemäß gefragt haben, ob es ihm denn gleichgültig sei, ob sein Großvater ein Affe oder ein gebildeter Mann gewesen sei. Die damaligen religiösen Kräfte sahen die „Würde des Menschen“ von der Theorie Darwins angegriffen und damit auch dessen, nur von Gott gegebenen „Geistseele“ in Frage gestellt. Jahrzehnte nach der Wilberforce’schen Auseinandersetzung mit Huxley um die „Würde des Menschen“, sprach der französische Philosoph Gabriel Marcel (1889 – 1973)17 von einer „tragischen Würde“, die dem menschlichen Leben verliehen sei durch die „Wirklichkeit des Todes“, durch dessen Schicksal und Schuld18.

Es ist nicht zu übersehen: Schnell gleitet man bei solcher Art der Betrachtung des Themas „Menschwürde“ ins Metaphysische, Mystische, ins nebelhaft Schwärmerische, ins „Erhabene“, Romantische oder Religiöse ab, was hier nicht grundsätzlich negativ bewertet werden soll - nur solche Art von Begründungen und Vorstellungen, die auf bloßem „Gefühl“ oder auf „Glauben“ beruhen und somit sich einem Bestimmenkönnen entziehen, sind nicht dazu geeignet Menschenwürde zu beschreiben, zumindest nicht eine solche Menschenwürde, wie sie hier noch definiert werden wird. Zusammen gefasst:

Bleibt der Begriff Menschenwürde von Glaubensfragen, von Fragen des Gefühls und von den wechselnden Vorstellungen der „Ehre“ bestimmt,

welche

allesamt

der

Mode

und

des

Anschauungswandels ausgesetzt sind und erschöpft er sich zudem nur

in

Floskeln

und

Phrasen

ohne

gesetzesbestimmten,

nachvollziehbaren, eindeutigen und erlebbaren Inhalt, so wird Menschenwürde jeder Willkür von Herrschenden ausgesetzt bleiben.

Zudem: Nicht erst seit dem großartigen Engländer und Franziskaner der Oxforder Schule, Wilhelm Ockham19 (alte Form „Occam“, etwa 1285 –

1349), Zeitgenosse u.a. des großen und ebenso mutigen Marsilio dei Mainardini20 (Marsilius von Padua), sind Glauben und Wissen getrennt zu handhaben und zu werten. Doppelte Wahrheiten zur gleichen Frage, solche des Glaubens und solche des Wissens, kann es nicht geben, so Ockham, dem seine Verehrer auch den Beinamen „Doctor invincibilis“ oder „Doctor singularis“ gaben. Ockham hielt Sparsamkeit bei der Auswahl von Annahmen innerhalb einer Hypothese stets für zweckmäßig, ja für notwendig. Dieses, wenn auch nicht ursprünglich von Ockham stammende Sparsamkeitsprinzip („Ockhams Rasiermesser“ - „Occam’s Razor“21) sagt in der heute modernen Form:

„Nicht die einfachste Theorie ist die beste, sondern die einfachste, wenn alle anderen Bedingungen gleich sind“

oder auch:

„Von mehreren äquivalenten Theorien ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.“

Welches

artspezifische,

kennzeichnende

Merkmal

soll

dann

Menschenwürde aufweisen, wenn man „Ockhams Rasiermesser“ und das angestrebte

Ziel,

für

den

Begriff

„Menschenwürde“

eine

Gesetzesbestimmtheit zu eröffnen, beachten will? Zunächst ist der Begriff „Menschenwürde“ nur ein Wort und in seinem alltäglichen, soziologischen, philosophischen, religiösen und sonstigen Gebrauch jeweils äußerst vielfältig und daher inhaltlich unbestimmt, so dass er als Grundlage für eine Gesetzesbestimmtheit nicht dienen kann, was zu erreichen hier aber angestrebt wird.

Um das zu erreichen, muss an die Stelle des inhaltlich unbestimmten Begriffs „Menschenwürde“ eine Gesetzesbestimmte Menschenwürde gesetzt werden, welche ein kennzeichnendes Merkmal zum Inhalt hat, das nur der Spezies Homo sapiens22 – nach dessen derzeitiger Kenntnis – zu eigen ist, etwas, das in den

besonderen Fähigkeiten dieser Spezies liegt und nicht auf metaphysischen Vorstellungen oder gar auf Heilsversprechungen aufbaut. Ein solch kennzeichnendes, weil artspezifisches Merkmal kann nur die dem Menschen eigene Erkenntnisfähigkeit sein, welche diesen unter anderem dazu befähigt, dem Begriff „Menschenwürde“ einen Inhalt zu geben, der auf der damit erkannten Selbst-Bestimmtheit und der daraus begründeten und formulierten Elementar-Freiheiten gründet, wobei hier Erkenntnisfähigkeit und Freiheit zueinander wie Ursache23 und Wirkung stehen. Eine Gesetzesbestimmte Menschenwürde - also eine, deren Inhalt mittels eines Gesetzestextes fixiert ist - solchen Ursprungs, kann dann für die gesamte Spezies Mensch gelten, gleich welches Maß an Fähigkeiten der Einzelne innerhalb seiner Entwicklung oder auf Dauer oder nur vorübergehend besitzt.

Wäre der Inhalt einer Gesetzesbestimmten Menschenwürde patentierbar, müsste der Hauptanspruch der Patentanmeldung wie folgt beginnen:

1. Gesetzesbestimmte Würde jedes Individuums der Spezies Mensch, dadurch gekennzeichnet, dass...

Mit dem kennzeichnenden Merkmal „Erkenntnisfähigkeit“ wäre auch gleichzeitig die möglich Fragestellung beantwortet, ob der Mensch seine eigene Menschenwürde verletzen kann. Er kann dies nicht – seine eigene Selbst-Bestimmtheit kann er allenfalls nicht nutzen und sei es aus purer Unkenntnis.

Fazit: „Aufklärung“24 – das kann heute nicht mehr bloß als jenes Verlangen im Westeuropa des 17. und 18. Jahrhunderts erkannt werden, dass Metaphysik, irrationales Denken und religiöse Ideen und Forderungen nicht Herrscher sein können, vielmehr als die Gewissheit, dass der Mensch mittels seiner Erkenntnisfähigkeit

seine Selbst-Bestimmtheit und damit seine Elementar-Freiheiten erkennen

kann

und

so

auch

seine

Elementar-Rechte

zu

formulieren im Stande ist. Mit dieser Gewissheit beginnt der Aufklärung zweite Teil, dessen tragendes

und

Ordnung

stiftendes

Merkmal

eine

Gesetzesbestimmte Menschenwürde ist.

Die

vorstehenden

Überlegungen

gesellschaftsverändernde

Folgen,

haben

wenn

diese

tiefgreifende in

der

Menschengemeinschaft von der Mehrheit ihrer Mitglieder als tragende Säule ihres Menschseins erkannt und als unverzichtbarer Bestandteil einer demokratischen Rechtsordnung verstanden werden. Unbestreitbar ist: Die Notwendigkeit des Ausschlusses metaphysischer, das heißt

auch

sogenannter

„göttlicher“

Quellen,

Mythen

und

Heilsversprechungen als Ausgangsbasis für eine Gesetzesbestimmte Menschenwürde, erreicht nur schwer durch religiöses Gedankengut bestimmte Menschen, solche, die an Geister glauben oder sonstigen okkulten Vorstelllungen oder der Astrologie anhängen. Unvereinbar mit der Selbst-Bestimmtheit des Menschen, wie auch mit der Vorstellung, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, sind beispielhaft Vorstellungen des Islam, nachdem Allah mittels des Korans – seiner göttlichen Offenbarung – und der daraus abgeleiteten Schari’a, die Staatsform, die Rechtsnormen und das weitere Leben der Menschen bestimmen soll. Weiter sind – um nur einige zu nennen - buddhistische Vorstelllungen von Erlösung durch Wiedergeburten, wie auch Hinduistische Vorstellungen über ein Hineingeborenwerden in Kasten, wie auch japanisch-chinesische Vorstellungen, dass der Einzelne nichts, aber der Staat und die Gemeinschaft alles sei, nicht vereinbar mit der SelbstBestimmtheit des Menschen, herrührend aus seiner artspezifischen Erkenntnisfähigkeit. Das gleiche gilt ebenso für christliche Vorstellungen von „Erbsünde“, Irrtumsfreiheit der Bibel und damit auch Ablehnung der Erkenntnisse der Evolutionsforschung oder auch für Ideen der Nichtgleichstellung der Frau gegenüber dem Mann. Es gilt überhaupt für jede religiös bestimmte,

demokratieferne Vorstellung, demnach nicht alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, Menschen nicht selbstbestimmt und damit selbstverantwortlich in einer Gemeinschaft ihr Leben gestalten können, weil diese von „höheren Mächten“ - ob diese nur personifiziert behauptet oder als Naturkräfte verstanden werden - beherrscht seien.

Versteht man Wissenschaft so, dass das gesammelte Wissen nur ein vorläufiges ist und der Mensch dennoch seinem letztendlichen Nichtwissen ausgeliefert

bleibt

und

weiter

Wissenschaft

nicht

als

eine

Art

Religionsersatz betrachtet und keine kritiklose „Wissenschaftsgläubigkeit“ gepflegt wird und weiter Wissenschaft sich nicht gegen den Menschen und seine Umwelt richten darf, dann kann man getrost behaupten:

Nur eine wissenschaftlich orientierte Weltschau kann Grundlage eines aufgeklärten, demokratische Staates sein, was dann auch eine Gesetzesbestimmte Menschenwürde als Mittelpunkt der Rechtsordnung fordert.

Trotzdem ist eine religiöse Lebenseinstellung und –führung in großen Bandbreite möglich, solange und soweit eine solche Rechtsordnung nicht missachtet wird. Nicht nur Religionsführer, sondern auch redegewandte Diktatoren und solche die es noch werden wollen, versprechen stets eine „bessere Welt“. Richtig ist: Wir müssen mit der jeweils von uns ganz individuell erkannten Welt leben und unsere real mögliche, individuelle Stellung darin erkennen, aber auch eine Stellung der gesamten Menschengemeinschaft in einer gemeinsamen Welt, die auf gemeinsam erkannten und anerkannten Elementar-Freiheiten und damit begründeten Elementar-Rechten aufbaut.

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Vorstehender Text ist ein gekürzter Auszug aus dem II. Kapitel „Würde, Ehre, Wahn“, Band 1 des Doppelbandes „ZEIT DER AUFKLÄRUNG ZWEITER TEIL“. Autor: Bert Steffens, Andernach.

Anmerkungen und Quellen

1

Würde, die, vom Begriff Wert abgeleitet. Noch zu Beginn des zwanzigsten

Jahrhunderts versteht die Literatur, so zum Beispiel „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ von 1908, unter „Würde“ das sichtbare äußere Gehabe und Erscheinungsbild des Einzelnen, eine „ästhetisch anziehende, in Haltung, Benehmen und Sprache sich kundgebende äußere Erscheinung gefestigter Willensgefühle; sie ist der ästhetische Ausdruck des geschlossenen, ruhigen, seiner selbst bewussten und oft dem Erhabenen sich annähernden Charakters. Wo wie Anzeichen der Würde von einer solches innern Wertes ermangelnden Person äußerlich nachgeahmt werden, sprechen wir von

falscher

ausdrückenden

Würde.

Auch

Merkmale

von

sozialen

Titeln,

Ämtern

Ansehens

etc.

werden

sich

Würde

genannt.“ 2

Kant, Immanuel, einem Kritiker der Todesstrafe hielt er eine

„..teilnehmende Empfindelei einer affektierten Humanität...“ vor; 1740 1747 verschiedene Hauslehrerstellen in Ostpreußen; ab 1754 Rückkehr an die Universität zu Königsberg, dort Vorlesungen über Metaphysik, Moralphilosophie, Naturrecht, Mathematik, Logik, Theologie, Anthropologie, Physik, Geographie, Pädagogik; ab 1770 Professur für Metaphysik und Logik

in

Königsberg;

umfangreiches,

noch

heute

grundlegendes

philosophisches Werk. 3

Goethe, Johann Wolfgang (Frankfurt/Main 28.08.1749 – Weimar

22.3.832); allgemein als größter Dichter deutscher Sprache angesehen; 1782

geadelt

(von

Goethe);

universaler

Denker;

umfangreiches,

epochebestimmendes Werk der Literatur. 4

Fichte, Johann Gottlieb (Rammenau 19.05.1762 – Berlin 19.01.1814),

deutscher Philosoph; nahm noch jung persönlichen Kontakt mit Kant in Königsberg auf, der ihn beim Verlegen eines seiner Werke „Versuch einer Kritik aller Offenbarung“ unterstützte. Folge: Das geneigte Publikum

glaubte, des sei Kants Werk und Fichte trat diesem Eindruck auch nicht entgegen. Kant sah sich später gezwungen aufzuklären, dass dieses, zunächst anonym erschienene Werk, nicht von ihm sei. Aber längst hatte dieser falsche Eindruck Fichte zur schnellen Berühmtheit verholfen. Auch wegen dieser obskuren Vorkommnisse, sprach K. R. Popper zu Recht von „Windbeutelei“ (siehe Popper „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, II, 2. Kap.) Fichte hatte großen Einfluss u.a. auf Gebrüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Friedrich Hölderlin. 5

Siehe u.a. John Rawls „Geschichte der Moralphilosophie. Hume, Leibniz,

Kant, Hegel.“ Suhrkamp, Frankfurt/Main 2002. Weiter: Kant zur „Befriedung der Gerechtigkeit“ aus der Todesstrafe: „Metaphysik der Sitten, AA (Akademie-Ausgabe, Preußische Akademie der Wissenschaften, von 1902 – 1910;) IV, S. 332 und 333. 6

Kant: Siehe erster Teil, Kapitel VIII, Abschnitt „Von der Beschränkung aus

Erkenntnis und den Maximen der Beschränkung“. 7

Kant: Siehe hierzu „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (1785).

8

Kant (1785): „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, zweiter Abschnitt

„Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten“, AA, Seitenzählung Nr. 436. 9

Kant (1785): „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“; Zitierung hieraus

vollständig: “Im Reich der Zwecke hat alles entweder seinen Preis, oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde. Was sich auf die allgemeinen menschlichen Neigungen und Bedürfnisse bezieht, hat einen M a r k t p r e i s ; das, was auch ohne ein Bedürfniß vorauszusetzen, einen gewissen Geschmacke. d.

i. einen Wohlgefallen am bloßen zwecklosen Spiel unserer Gemüthskräfte, gemäß ist, einen A f f e c t i o n s p r e i s ; das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich selbst sein kann, hat nicht bloß einen relativen Werth, d. i. einen Preis, sondern einen Werth, d. i. W ü r d e .“ Akademie-Ausgabe (AA), Seitenzählung Nr. 434 - 435, Preußische Akademie der Wissenschaften. 10

Kant: Berlinische Monatsschrift, Dezember-Heft 1784. S. 481-494)

„Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“. Manch einer hält dies für die wichtigste Schrift Kants. 11

„...geteilte, funktionale Einheit“ ist nicht als schöne Phrase gemeint.

Ernsthaft wird darauf hingewiesen, dass die Evolution auch eine „ungeteilte, funktionale Einheit“ als Möglichkeit der Vermehrung bei bestimmten Spezies kennt, das nur ein „Geschlecht“ zur Vermehrung benötigt, wie die „ungeschlechtliche“, d.h. die uniparentale („einelterliche“) Fortpflanzung zum Beispiel bei Blattläusen, einigen Echsenarten und Wirbellosen u.v.a.m. Bescheiden ist zu erkennen: „Unsere“ Fortpflanzungsmethode ist nur eine der möglichen, welche die Evolution entwickelt hat. Die ungeschlechtliche und die geschlechtliche Methode zeigen, dass die Behauptung einer „funktionalen Einheit“ zwischen Frau und Mann durchaus berechtigt ist: Die getrennt existierenden Geschlechts-Individuen „Mann“ und „Frau“ sind nur evolutionärer Zufall innerhalb der biologischen Möglichkeiten, die immer eine Fortpflanzung, sprich Vermehrung - gleich auf welche Weise - zum Ziel haben und ohne die eine Evolution gar nicht erst hätte stattfinden können. 12

Schiller, Friedrich (Marbach am Neckar 10.11.1759 – Weimar

09.05.1805)

einer,

neben

Goethe,

der

bedeutendsten

Dichter

Deutschlands; schrieb 1793 „Über Anmuth und Würde“. Dort nimmt er geradezu schwärmerisch Bezug auf Kant, den „unsterblichen Verfasser der Kritik“ (gemeint ist Kants „Kritik der reinen Vernunft“).

13

Erhaben, von Erhabenheit; nach Kant jenes, das die sinnliche

Fassungskraft übersteigt. 14

Sitzung in der “British Association for the Advancement of Science”, an

der Darwin wegen Erkrankung nicht teilnehmen konnte, wohl aber Gegner der Theorie Darwins, wie der anglikanische, damalige Bischof von Canterbury, Samuel Wilberforce und Darwins Befürworter, wie der Geologe Thomas Henry Huxley. 15

Huxley, Thomas Henry (1825 – 1895), Arzt, Geologe, vielseitiger

Wissenschaftler,

einer

der

ersten

Befürworter

und

Anhänger

der

Evolutionstheorie Darwins; seine berühmteste Schrift “Evidence on Man’s Place in Nature” erschien 1863. 16

Darwin, Charles (The Mount/Shrewsbury 12.02.1809 – Downe

19.041882) britischer Naturforscher von Weltgeltung; begründete die auch heute noch geltende Evolutionstheorie, gemäß derer der Artenwandel durch natürliche Auswahl (Selektion) zu erklären ist; wurde, insbesondere aus kirchlichen

Kreisen,

scharf

angegriffen,

da

Darwins

Lehre

der

Schöpfungsgeschichte der Bibel widerspräche; auch heute gibt es ähnliche Kritik aus christlich-fundamentalistischen Kreisen, wie zum Beispiel in einigen Bundesstaaten der USA, wie auch in Europa. Wichtige Werke: 1839 „Narrative of the Surveying Voyages of Her Majesty’s Ships ‘Adventure’ and ‘Beagle’ between the years 1826 and 1836, describing their examination of the Southern shores of South America, and the ‘Beagle’s’ circumnavigation of the globe.”; 1859 (Hauptwerk) zuerst Kurzfassung, dann kurz danach 6 weitere Auflagen von “On the origin of species by means of natural selection or the preservation of favoured races in the struggle for life” (dtsch. Titel: “Die Entstehung der Arten”). 17

Marcel, Gabriel (1889 – 1973), französischer Philosoph, fand noch vor

Jean-Paul Sartre - angeregt durch Henri Bergson - zum (französischen) Existenzialismus; Hauptwerke, u.a.: 1927 „Journal Métaphysique“, dtsch. „Metaphysisches Tagebuch“; 1935 „Être et Avoir“ „Sein und Haben“; 1944

„Homo viator – Prolegomènes à une métaphysique de l’espérance“, dtsch. Titel „Homo viator – Philosophie der Hoffnung“; viator (lat.) steht für Wanderer, Pilgerer. 18

Marcel, Gabriel „Du refus à l’invocation“ (1940), dtsch. Titel:

„Schöpferische Treue“ , Thomas-Verlag, Zürich, 1961, zitiert aus Abschnitt „Grundsituation und Grenzsituation bei Karl Jaspers“. 19

Ockham, Wilhelm von, alte Form Occam (Surrey etwa 1285 – München

09.04.1349), engl. Franziskaner, Philosoph und Theologe; ab 1309 studierte Ockham in Oxford; dann (1321) Magister Theologiae; wegen Anklage der Häresie vor Papst Johannes XXII nach Avignon zitiert und festgesetzt; floh 1328 zu Ludwig IV. (Ludwig dem Bayern) nach Pisa und wurde später in München dessen Beistand im Streit gegen die Päpste. In München entstand seine „Summa logicae“; Ockham bestritt, dass der Mensch die Fähigkeit besitze, kraft seiner Vernunft Übersinnliches zu erkennen; Gegner der Scholastik und kirchlicher Dogmen, weil theologische Urteile nicht durch Erfahrung belegbar seien; er war eine Art Haupt der „Via moderna“, welche Wissen vom Glauben streng getrennt betrachtete. 20

Marsilio dei Mainardini, auch Marsilius von Padua (Padua 1275 –

München 1342/43), Mediziner und Staatstheoretiker, lehrte in Paris; Hauptwerk “Defensor Pacis”, in dem er in einem Entwurf politischer Philosophie die aristotelische Staatslehre mit seinen Kenntnissen aus Stadtdemokratien Italiens verband und entwickelte seine Vorstellungen über ein Modell einer auf Volkssouveränität beruhenden Staates, in dem der Klerus und damit auch der Papst untergeordnet war und der vom Volk beauftragte Regent bei Missbrauch seiner Macht vom Volk abgesetzt werden konnte; 1326 flüchtete er, von Papst Johannes XXII. als Ketzer verurteilt, zu Ludwig dem Bayern (Kaiser Ludwig der Bayer) nach München und traf dort auf Ockham; in seiner Schrift „Tractatus de jurisdictione imperatoris“ (1342) legt er das Recht der Ehescheidung dem weltlichen Herrscher in die Hände.

21

“Ockhams Rasiermesser”, engl. „Occam’s Razor“ - weil damit ‚Platons

Bart (gemeint ist Art dessen Argumentation) abgeschnitten’ werden kann: „Wesenheiten soll man nicht über Gebühr vermehren“ (“entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem”); Ockham weiter: „Es ist eitel, etwas mit mehr zu erreichen, was mit weniger zu erreichen möglich ist“ (“frustra fit per plura, quod fierit potest per pauceriora”). Ockhams Prinzip moderner formuliert: Ziehe niemals mehr [Argumente, Annahmen, Wesenheiten] heran, als [zur Erklärung, zum Beweis] notwendig sind. 22

Homo sapiens, lat., soviel wie ‚verständiger/einsichtsvoller Mensch’, ein

vom bedeutenden Naturforscher und Schöpfer der Taxonomie, Carl von Linné (vor Adelserhebung Carl Nilsson Linnaeus, 1707 - 1778) gebildeter Artbegriff als letzte Ausbildung in der Unterfamilie Homininae (steht für ‚große afrikanische Menschenaffen und Menschen’). 23

Ursache, hier in Beziehung zum Begriff „Wirkung“ so verstanden, dass

„die Ursache Grund der Wirkung ist“. Im physikalischem Geschehen würde man analog sagen, dass „die Aktion Ursache der Reaktion ist“. 24

Aufklärung, Zeit oder Zeitalter der (im Französischen „siècle des

lumières“, im Englischen „Age of Enlightement“), vielschichtiger, mehr philosophisch

zu

verstehender

und

den

Absolutismus,

wie

die

Machtstellung der Kirchen und damit die Lehren der christlichen Religion verdammender Begriff einer Epoche in einigen Europäischen Ländern, beginnend etwa mit der Überwindung des Rationalismus’ der Barockzeit – als Beispiel seien hier Descartes, Spinoza und Leibniz genannt - und dem Beginn des Empirismus’ Englands – genannt seien hier John Locke (1632 – 1704) und die Naturwissenschaft Isaac Newtons, sowie in Frankreich d’Alembert, Diderot und in Deutschland insbesondere Immanuel Kant -, bis hin etwa der französischen Revolution (1789) und den Beginn des neunzehnten Jahrhunderts, endend etwa um die Zeit von Goethes Tod

(1832). Die hervorzuhebenden Merkmale der Aufklärung können kurz mit agnostisch und atheistisch oder deistisch und die vorhergehende Zeit des Idealismus

als

metaphysisch,

transzendentalistisch

und

theistisch

beschrieben werden. Allerdings: Der Begriff „Zeit der Aufklärung“ ist irreführend: Eine Zeit der Aufklärung bedarf es stets und ohne Unterbrechung. Einer der „Aufklärer“ der Neuzeit war Karl Raimund Popper – und es bedarf derer stets weitere. Mit der „Zeit der Aufklärung“ begann auch die Entwicklung dessen, was wir heute als „moderne Wissenschaft“ bezeichnen, insbesondere in der Physik, der Chemie, der Astronomie und den Ingenieurwissenschaften.

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