Überblick: Märkte nach Verkaufswelle wieder im Aufwärtstrend

August 28, 2016 | Author: Judith Winter | Category: N/A
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1 Peter Hördahl Patrick McGuire Überblick: Märkte nach Verkaufswelle wieder im Aufwärtstrend Die wel...

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Peter Hördahl

Patrick McGuire

+41 61 280 8434 [email protected]

+41 61 280 8921 [email protected]

Überblick: Märkte nach Verkaufswelle wieder im Aufwärtstrend

Die weltweiten Finanzmärkte erholten sich nach einer Verkaufswelle Ende Februar und Anfang März 2007 rasch wieder, und in vielen Anlagekategorien näherten sich die Bewertungen neuen Höchstständen. In diesem Umfeld stiegen die Renditen auf Staatsanleihen der wichtigsten Industrieländer im Zeitraum Ende Februar bis Anfang Juni an. Am stärksten erhöhten sich die Euro-Renditen, da sich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum im EuroRaum weiter verbesserten. Bei den US-Renditen fasste der Anstieg langsamer Tritt; dies entsprach dem zögerlicheren Tempo, mit dem die Anleger ihre Einschätzung der US-Wirtschaftsaussichten nach oben revidierten, und das sich erst gegen Ende des Berichtszeitraums erhöhte. Der Anstieg der Anleiherenditen wurde nicht nur durch die anscheinend besseren Wachstumsaussichten gefördert, sondern auch durch steigende Laufzeitprämien. Der Kursanstieg an den weltweiten Aktienmärkten hielt im Berichtszeitraum an, obschon es Ende Februar und Anfang März zu einer breiten Preiskorrektur kam. Obwohl die Turbulenzen kurzlebig waren, bewirkten sie doch, dass die implizite Volatilität an den meisten Märkten von Rekordtiefständen aus wieder zunahm. Dennoch erholten sich die wichtigsten Aktienindizes der USA und Europas rasch und hatten Mitte April wieder ihren höchsten Stand seit sechs Jahren erreicht. Der Aufschwung der japanischen Aktienmärkte, der im November 2006 eingesetzt hatte, kam hingegen im Berichtszeitraum zum Stillstand. Die Kreditmärkte erholten sich etwas langsamer von der Verkaufswelle als die Aktienmärkte. Bis Ende Mai hatten die US-Dollar- und Euro-Kreditmärkte ihre Verluste jedoch wieder mehr als wettgemacht, und die Aufschläge auf hochrentierende Schulden erreichten an einigen Märkten neue Tiefstände. Zwar wurden die Ansteckungseffekte der Probleme im nicht erstklassigen Bereich des US-Marktes für Wohneigentum als begrenzt angesehen, doch machten sich die Anleger weiterhin Sorgen über die Auswirkungen anhaltender Probleme auf einige Märkte für forderungsbesicherte Schuldverschreibungen (CDO). In den aufstrebenden Volkswirtschaften gingen die Zinsaufschläge im Berichtszeitraum auf neue Tiefstwerte zurück, und die Aktienkurse kletterten weiter in die Höhe. Zu dieser erfreulichen Entwicklung trugen zwar gute

BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

1

Wirtschaftsergebnisse bei, doch dürfte auch die grosse Risikobereitschaft der Marktteilnehmer eine wichtige Rolle gespielt haben. Verglichen mit den Renditenaufschlägen auf US-Unternehmensanleihen wurden für aufstrebende Volkswirtschaften mit ähnlichem Rating weiterhin engere Aufschläge gehandelt.

Steigende Euro-Anleiherenditen dank starken Wachstumserwartungen Die Renditen auf Staatsanleihen der G3 zogen von Ende Februar bis Anfang Juni 2007 an – besonders deutlich die langfristigen Renditen im Euro-Raum (Grafik 1 Mitte). Am 27. Februar setzte an den Finanzmärkten weltweit eine Verkaufswelle ein, die einige Tage anhielt und die zu einem Einbruch der Renditen auf Staatsanleihen führte. Als die Marktturbulenzen abklangen, erholten sich die Anleiherenditen rasch. Vom 26. Februar bis zum 1. Juni stiegen die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen um rund 30 Basispunkte auf 4,90% und die Renditen 10-jähriger japanischer Staatsanleihen um 10 Basispunkte auf über 1,75%. Im Euro-Raum kletterten die 10-jährigen Renditen um rund 40 Basispunkte bis auf etwa 4,45%. An den Geldmärkten blieben die kurzfristigen Renditen bei Titeln der USA und Japans derweil insgesamt stabil, während sie im Euro-Raum stiegen, da die EZB die Leitzinsen erneut anhob und auch die Erwartung weiterer Anhebungen zunahm (Grafik 1 links). Der anhaltende Aufwärtsdruck auf die Renditen im Euro-Raum entsprach der von den Anlegern wahrgenommenen Stärke der dortigen Konjunktur, die weiterhin mit überdurchschnittlichem Tempo voranzog. So war der Anstieg der

Stärkster Anstieg bei Anleiherenditen im Euro-Raum …

… angesichts weiterer Kräftigung der Konjunktur im Euro-Raum

Zinssätze Prozent

Kurzfristige Sätze1 4

Eurodollar (RS) EURIBOR (RS) Euroyen (LS)

Nominale langfristige Sätze2 6

3,5

3

5

2

USA (RS) Euro-Raum (RS) Japan (LS)

Reale langfristige Sätze3

5,6

2,4

2,8

4,9

1,8

4

2,1

4,2

1,2

1

3

1,4

3,5

0 Juli 05 Jan. 06 Juli 06 Jan. 07

2

0,7 Juli 05 Jan. 06 Juli 06 Jan. 07

2,8

USA Euro-Raum Japan

0,6

0,0 Juli 05 Jan. 06 Juli 06 Jan. 07

1 3-Monats-Sätze. 2 Renditen 10-jähriger Staatsanleihen; Euro-Raum: deutsche Bundesanleihen. 3 10-Jahres-Renditen indexierter Staatsanleihen; Basis Euro-Raum: auf die Inflation des Euro-Raums indexierte französische Staatsanleihen.

Quelle: Bloomberg.

2

Grafik 1

BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

Wirtschaftsaussichten und Breakeven-Inflation Prozent

Erwartungen BIP-Wachstum 20071 USA Euro-Raum Japan

Jan. 06

Juni 06

10-Jahres-BreakevenInflation2

Inflationserwartungen 20071 USA Euro-Raum

Nov. 06

Japan

3

0,9

2,6

2,5

2

0,6

2,3

1,8

1

0,3

3,3

1,0 Jan. 06 April 07

Juni 06

Nov. 06

0 April 07

2,0

USA (RS) Euro-Raum (RS)3 Japan (LS)

0 Jan. 06 Juni 06

1,7 Nov. 06 April 07

1 Die von Consensus Economics monatlich publizierten Beobachtungen werden dem Monat zugerechnet, in dem die Prognose erfolgte. 2 Nominale abzüglich reale Renditen auf Staatsanleihen. 3 Basis: Auf die Inflation des Euro-Raums indexierte französische Staatsanleihen.

Quellen: Bloomberg; © Consensus Economics; Angaben der einzelnen Länder.

Sorgen um US-Konjunktur drücken zunächst Renditen …

… doch bessere Aussichten lösen Anstieg aus

Grafik 2

Nominalrenditen im Euro-Raum von Ende Februar bis Anfang Juni zum grossen Teil auf steigende Realrenditen zurückzuführen (Grafik 1 rechts). Vor diesem Hintergrund revidierten Marktanalysten ihre Erwartungen bezüglich des BIP-Wachstums 2007 erneut nach oben (Grafik 2 links). In den USA drückten am Anfang des Berichtszeitraums weitere Anzeichen einer Konjunktureintrübung auf die Anleiherenditen . Bei der Verkaufswelle von Ende Februar und Anfang März brachen die Anleiherenditen in den USA stärker ein als an anderen grossen Märkten. Dies stand in Einklang mit der Einschätzung der Anleger, dass die US-Wirtschaft gegenüber fallenden Preisen für risikobehaftete Vermögenswerte besonders verwundbar sei, und der anhaltenden Besorgnis wegen des schwachen Wohnimmobilienmarktes. Obwohl viele dieser Befürchtungen später wieder nachliessen und die Märkte sich erholten, stiegen die Renditen nur langsam wieder auf ihr vor der Verkaufswelle erreichtes Niveau, da die Unsicherheit der Anleger bezüglich der Aussichten bestehen blieb. Die Analysten revidierten ihre Prognosen für das BIP-Wachstum in den USA im Jahr 2007 erneut nach unten, nachdem sie sie zu Jahresbeginn kurz nach oben angepasst hatten (Grafik 2 links). Doch in der zweiten Maihälfte zogen die Anleiherenditen an, als die Meldung unerwartet guter Arbeitsmarktdaten und anderer günstiger Wirtschaftsindikatoren die Anleger mit neuem Optimismus hinsichtlich der US-Konjunktur erfüllte. Die reale Rendite 10-jähriger US-Anleihen spiegelte weitgehend die Entwicklungen der entsprechenden Nominalrenditen im Berichtszeitraum wider (Grafik 1 rechts). In den letzten drei Monaten schienen die Anleihekurse kaum von den Inflationsaussichten beeinflusst, obwohl die Märkte zeitweise mit anhaltendem Preisauftrieb in den USA rechneten; im Euro-Raum und in Japan blieben die

BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

3

Terminzinskurven Prozent

Futures auf US-Tagesgeld

1. Juni 2007 7. März 2007 26. Februar 2007 März 07 1

Juli 07

Nov. 07

EONIA-Terminsatz

Yen-Terminsatz¹

5,2

4,4

1,0

5,0

4,2

0,9

4,8

4,0

0,8

4,6

3,8

0,7

4,4 März 08 März 07

Juli 07

Nov. 07

3,6 März 08 März 07

Juli 07

0,6 März 08

Implizite 1-Monats-Sätze; berechnet anhand der LIBOR-Fixing-Sätze.

Quellen: Bloomberg; Berechnungen der BIZ.

Grafik 3

Inflationserwartungen stabil. Die unbereinigte Inflation in den USA blieb erhöht, trotz Fragen bezüglich der Stärke der Konjunktur und Anzeichen einer moderateren Kerninflation in der jüngsten Vergangenheit. Die umfragebasierten Prognosen für die US-Inflation im Jahr 2007 stiegen von März bis Mai stetig an, da der schwächere Dollar und die erneut anziehenden Ölpreise auf anhaltenden Inflationsdruck hinzudeuten schienen (Grafik 2 Mitte). In diesem Umfeld veränderte sich die 10-jährige Breakeven-Inflationsrate nur wenig (Grafik 2 rechts). Auch im Euro-Raum und in Japan blieben die langfristigen Breakeven-Raten stabil, ebenso wie die durch Umfragen ermittelten kurzfristigen Inflationserwartungen. Entsprechend der Einschätzung der Inflationsaussichten schienen die Anleger alles in allem ihre Erwartungen betreffend die US-Geldpolitik im Sinne eines strafferen Kurses zu revidieren. Die zuvor verbreitete Meinung, die Federal Reserve werde die Leitzinsen im Jahresverlauf 2007 senken, war Anfang Juni kaum noch anzutreffen (Grafik 3 links). In der zweiten Maihälfte verstärkten Anzeichen einer robusteren Konjunktur in den USA diesen Meinungsumschwung. Die veränderten Erwartungen bezüglich der künftigen Leitzinsentwicklung schienen auch für die Entwicklung der Renditen von US-Anleihen eine bedeutende Rolle zu spielen. Im Berichtszeitraum fielen die beiden höchsten innerhalb eines Tages verzeichneten Steigerungen der 10-Jahres-Rendite jeweils auf den Tag der Veröffentlichung eines unerwartet guten Arbeitsmarktberichts, der die wahrgenommene Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung in naher Zukunft verringerte. Veränderte Erwartungen der Anleger bezüglich der Geldpolitik wirkten sich auch auf die Anleiherenditen im Euro-Raum und in Japan aus. Die Erwartung, die Geldpolitik im Euro-Raum werde straffer sein als zuvor angenommen, verstärkte den Auftrieb der Anleiherenditen. Die EZB hob die Leitzinsen Anfang März um 25 Basispunkte an, und die Anleger rechneten mit

4

Nov. 07

BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

Breakeven-Inflation stabil …

… Erwartungen einer Zinssenkung durch die Fed schwinden …

… und weitere Zinserhöhungen der EZB erwartet

Laufzeitprämien und Volatilität von Swaptions 10-Jahres-Laufzeitprämie1

Swaption-Volatilität Euro-Raum2

Swaption-Volatilität USA2

Euro-Raum USA

1-Jahres-Satz 10-Jahres-Satz

1,6

150

120

1,2

125

100

0,8

100

80

0,4

75

60

0

50

40

03

04

05

06

07

20

25

–0,4 02

02

03

04

05

06

07

02

03

04

05

06

07

1

Nominale Laufzeitprämie, Prozent, basierend auf Schätzungen anhand einer modifizierten Version des Zinsstrukturmodells aus P. Hördahl und O. Tristani, „Inflation risk premia in the term structure of interest rates“, BIS Working Papers, Nr. 228, Mai 2007. 2 3-Monats-Volatilität von Swaptions; Basispunkte. Quellen: Bloomberg; Berechnungen der BIZ.

Steigende Laufzeitprämien in den USA und im Euro-Raum …

… und weiterhin niedrige Volatilität bei Swaptions

Grafik 4

einem weiteren Zinsschritt im Juni. Auch auf längere Sicht wurden die Erwartungen bezüglich der Leitzinsen nach oben revidiert (Grafik 3 Mitte). In Japan rechneten die Märkte trotz gedämpften Preisdrucks nach wie vor mit einer schrittweisen Normalisierung der Geldpolitik und mit einer nächsten Zinsanhebung im Herbst. Von Ende Februar bis Anfang Juni wurden die Erwartungen hinsichtlich des Tempos der Anpassung jedoch etwas nach unten revidiert (Grafik 3 rechts). Ausschlaggebend für die während des Berichtszeitraums beobachtete Entwicklung der Renditen in den USA und im Euro-Raum dürften nicht nur die Wirtschaftsaussichten, sondern auch Schwankungen der geschätzten Laufzeitprämien gewesen sein. Von Ende Februar bis Ende Mai stieg die geschätzte 10-Jahres-Laufzeitprämie in den USA um 25 Basispunkte und im Euro-Raum um 30 Basispunkte (Grafik 4 links). Dies lässt vermuten, dass die jüngsten Veränderungen der Nominalrenditen langfristiger Anleihen zu einem erheblichen Teil darauf zurückzuführen waren, dass die Anleger die Risiken, die zu Schwankungen der Renditen führen, entweder anders beurteilten oder einen anderen Preis dafür verlangten. Die implizite Volatilität von Swaptions blieb in den USA und im Euro-Raum auf historisch sehr niedrigen Niveaus (Grafik 4 Mitte und rechts). Zwar kam es durch die Verkaufswelle von Februar bis März zu Erhöhungen der impliziten Volatilität, insbesondere bei den kurzen Laufzeiten, doch diese Effekte klangen in den nachfolgenden Wochen ab. Namentlich die Volatilität von kurzfristigen Swaptions auf einjährige Euro-Swapsätze ging rasch wieder zurück, und Mitte Mai erreichte sie neue Tiefstwerte. Auch die implizite Volatilität vergleichbarer US-Swaption-Kontrakte fiel so tief wie vor der Verkaufswelle seit Jahren nicht mehr. Dagegen verlief der Rückgang bei der Volatilität kurzfristiger US-Swaptions etwas langsamer, und sie war am 1. Juni noch nicht wieder bei ihren vor der Verkaufswelle erreichten tiefen Niveaus angekommen. BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

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Diese unterschiedliche Entwicklung der Volatilität bei Euro- und US-Swaptions spiegelte möglicherweise gegensätzliche Auffassungen über den Grad der Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung der kurzfristigen Zinssätze – und somit der Geldpolitik – in naher Zukunft wider. Es ist denkbar, dass der Markt bezüglich der Aussichten für die US-Zinsen nach der Verkaufswelle vergleichsweise unsicherer war. Gleichzeitig könnten die Anleger angesichts der Robustheit der realwirtschaftlichen Lage und der Signale der geldpolitischen Entscheidungsträger des Euro-Raums damit gerechnet haben, dass die kurzfristigen Euro-Zinssätze weiterhin nicht wesentlich von den Erwartungen abweichen würden. Bei Swaptions auf 10-Jahres-Zinssätze blieb die implizite Volatilität dagegen für beide Währungen niedrig, da die Märkte die Volatilität der langfristigen Zinsen und ihrer makroökonomischen Bestimmungsfaktoren als niedrig einschätzten.

Aktienmarkthausse übersteht die Turbulenz Die Aktienmärkte in den USA und Europa setzten im Berichtszeitraum ihren Aufwärtstrend trotz einer kurzen Turbulenz Ende Februar fort. Von Ende Februar (direkt vor der Verkaufswelle) bis Ende Mai stieg der S&P 500 um 6%, und am 30. Mai erreichte er mit 1 530 einen historischen Höchstwert. Auch der DJ EURO STOXX legte 6% zu und erreichte im gleichen Zeitraum den höchsten Stand seit sechs Jahren (Grafik 5). Die japanischen Aktienmärkte, die bis Mitte Februar stark zugelegt hatten, taten sich dagegen schwer, Tritt zu fassen.

Aktienmärkte und Unternehmensgewinne Überraschende Gewinnmeldungen2

Wichtigste Indizes1 S&P 500 DJ EURO STOXX TOPIX

Jan. 06

Jan. 07

2008 2007 2006

112

160

24

80

140

12

60

108

120

0

40

104

100

–12

80 Jan. 05

Gewinnprognosen4

Negativ (RS) 20 Neutral (RS) Positiv (RS) Wachstum (LS)³ –24 0 00 01 02 03 04 05 06 07

100

96 Febr. 06 Juni 06

Okt. 06 Febr. 07

1

In Landeswährung; 3. Januar 2005 = 100. 2 Basis: über 12 Monate tatsächlich erzielte Gewinne pro Aktie; Unternehmen des Index S&P 500; Prozent. 3 Nach Anteil der emittierten Aktien gewichtete durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der gemeldeten Gewinne. 4 Von den I/B/E/S-Analysten prognostizierte Gesamtgewinne für das in der Farblegende angegebene Jahr, ausgehend vom Datum auf der horizontalen Achse; Februar 2006 = 100; Basis: 12-Monats-Gewinnprognose pro Aktie; Unternehmen des Index S&P 500; Prozent. Quellen: Bloomberg; I/B/E/S; Berechnungen der BIZ.

6

Grafik 5

BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

Volatilität und Bewertungen an den Aktienmärkten Implizite Volatilität1

Kurs-Gewinn-Verhältnis2

Risikotoleranz3

S&P 500 (RS) DJ EURO STOXX (RS) TOPIX (LS)

VIX DJ EURO STOXX TOPIX

30 70

28

2

20 50

22

0

10 30

16

0 Jan. 05

Jan. 06

Jan. 07

S&P 500 DAX 30 FTSE 100 Hauptkomponente4

10

10 90

93

96

99

02

05

–2

–4 Jan. 03 Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06 Jan. 07

1 Durch Call-Optionen am Geld auf Aktienmarktindizes implizierte Volatilität; Wochendurchschnitt; Prozent. 2 Kurs-GewinnVerhältnisse basierend auf Gewinnprognosen für die nächsten 12 Monate, berechnet von I/B/E/S. 3 Indikatoren abgeleitet aus den Differenzen zwischen zwei Verteilungen der Erträge: die eine impliziert durch den Preis von Optionen, die andere basierend auf den anhand historischer Daten geschätzten tatsächlichen Erträgen. 4 Erste Hauptkomponente der Risikotoleranzindikatoren, geschätzt für den S&P 500, den DAX 30 und den FTSE 100.

Quellen: Bloomberg; Chicago Mercantile Exchange; Eurex; I/B/E/S;London International Financial Futures and Options Exchange; Berechnungen der BIZ. Grafik 6

Langsameres Wachstum der Unternehmensgewinne …

Die Verkaufswelle, die am 27. Februar in China einsetzte, hatte erhebliche, wenn auch nur vorübergehende Auswirkungen auf die Aktienmärkte weltweit. Wohl gab es keine offensichtlichen konkreten Auslöser, doch nannten Marktteilnehmer eine Anspielung auf die Möglichkeit einer Rezession in Aussagen des ehemaligen Vorsitzenden der Federal Reserve sowie besonders schwache Auftragszahlen bei der US-Gebrauchsgüterindustrie als Faktoren, die Zweifel an der Nachhaltigkeit des Wachstums in den USA aufkommen liessen. Der chinesische Aktienmarkt brach an diesem Tag um 9% ein (s. den Abschnitt über aufstrebende Märkte weiter unten), erholte sich aber rasch. Der S&P 500 gab dagegen an den vier folgenden Tagen 5,2% ab, und die Aktienmärkte Europas und Japans verloren 6% bzw. 8%. Die implizite Volatilität der Aktienmärkte in den USA und Europa schnellte während der Verkaufswelle empor und blieb einige Wochen lang erhöht (Grafik 6 links). Bis Mitte Mai hatte die Volatilität dann an beiden Märkten nachgelassen, blieb jedoch oberhalb der vor Mitte Februar verzeichneten Tiefstände. Im Hintergrund schien ein nachlassendes Wachstum der Unternehmensgewinne die Zweifel der Anleger an den Bewertungen der Aktienmärkte weiter zu schüren. In den USA war das Wachstum der Unternehmensgewinne im vierten Quartal 2006 mit 12% (nach Anteil der emittierten Aktien gewichtet) deutlich geringer als der Durchschnitt von 20% in den ersten drei Quartalen. Im ersten Quartal 2007 übertrafen zwei Drittel der Gewinnmeldungen die Erwartungen der Analysten – die allerdings in den Vormonaten etwas nach unten revidiert worden waren (Grafik 5 rechts). In Europa wurde das für 2007 erwartete Wachstum des Gewinns je Aktie bei Unternehmen des DJ STOXX 600 Ende Mai mit nur 6% beziffert (nach 15% Wachstum im Vorjahr).

BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

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Marktbasierte Indikatoren lassen erkennen, dass Ende Februar auch Veränderungen in der Risikobereitschaft der Anleger zur Preiskorrektur an den Aktienmärkten beitrugen. Wenn Aktienanleger weniger risikotolerant werden, messen sie der Möglichkeit hoher Erträge weniger Wert bei als der Vermeidung geringer Erträge. So lässt sich anhand von Differenzen in der statistischen Verteilung der tatsächlichen und der in den Optionspreisen implizierten erwarteten Aktienrenditen ein grober Indikator für die Risikobereitschaft der Anleger konstruieren (Grafik 6 rechts). Dieser Indikator sackte im März auf seinen tiefsten Stand seit Ende 2003 ab. Im April und Mai stieg die Risikotoleranz zwar wieder leicht an, blieb jedoch unter dem seit Anfang 2005 beobachteten allgemeinen Durchschnittsniveau. Ende Mai hatten die Aktienmärkte in den USA und Europa ihre durch die Verkaufswelle vom Februar erlittenen Verluste mehr als wettgemacht. Die Indizes S&P 500 und DJ EURO STOXX standen Ende März nur noch wenig tiefer als vor der Verkaufswelle. Anfang Mai hatten beide Indizes 6-JahresHöchstwerte erreicht; der S&P 500 schloss am 3. Mai erstmals seit dem Jahr 2000 auf über 1 500 – und dies trotz der entmutigenden Meldungen über die Lage des US-Wohnimmobilienmarktes, die zeitweise auf die Aktienmärkte drückten (s. unten). Am 13. März trug z.B. eine Meldung der Mortgage Bankers Association, dass die Ausfallquote bei Schuldnern mit erstklassigem Rating die höchste seit vier Jahren war (2,6% im vierten Quartal 2006), zu einem Einbruch der Bank- und Finanzaktien bei, der den S&P 500 an jenem Tag um 2% absinken liess. Später reagierten die Märkte jedoch positiv, als die Federal Reserve am 21. März den Beschluss bekannt gab, die Leitzinsen unverändert zu lassen, und vor allem die Wahrscheinlichkeit künftiger Zinsschritte in der begleitenden Presseerklärung milder formulierte. Anders als Anfang 2000 sind die Bewertungen an den Aktienmärkten bei der aktuellen Hausse im historischen Vergleich niedrig geblieben. Vor dem Absturz der Aktienkurse im Jahr 2000 war das Kurs-Gewinn-Verhältnis (basierend auf der Gewinnprognose für die nächsten 12 Monate) für Unternehmen des S&P 500 wie auch des DJ EURO STOXX auf deutlich über 20 gestiegen. Danach tendierte es während des Sturzfluges nach unten und erreichte Mitte 2006 mit 14 bzw. 11 den Tiefpunkt. In der jüngsten Hausse ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis nicht annähernd so stark gestiegen, da das generell kräftige Gewinnwachstum seit 2005 mit dem Anstieg der Aktienkurse Schritt gehalten hat. Die Abwärtsrevisionen der Gewinnprognosen haben es allerdings in den letzten Monaten hochgetrieben (Grafik 6 Mitte). Im Gegensatz zu den USA und Europa kam der Aufschwung der japanischen Aktienmärkte, der im November 2006 eingesetzt hatte, im Berichtszeitraum zum Stillstand. Der TOPIX erreichte Ende Februar eine Spitze von 1 817 und stand am Ende des Berichtszeitraums um mehr als 3% tiefer. Zeitweise profitierten die Aktien japanischer Exporteure von der Abwertung des Yen und von Meldungen, die ein nachhaltiges US-Wachstum erwarten liessen. Offenbar wirkte jedoch die Besorgnis, dass die Unternehmensgewinne schwächer ausfallen würden als prognostiziert, entmutigend auf die Aktienanleger.

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BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

… und steigende Aktienkurse …

… bewirken höhere Kurs-GewinnVerhältnisse

Fusionen und Übernahmen weltweit Anzahl und Wert

2,7

Übrige Welt (RS)¹ Westeuropa (RS)¹ USA (RS)¹ Globale Geschäfte (LS)²

560 28

2,4

420 24

2,1

1,8

1,5 Jan. 04

Jan. 06

Jan. 07

Kombination (RS)³ Schuldtitel (RS)³ Bar (RS)³ Aktien (RS)³ Agio (LS)4

80

Sonstige Immobilien Telekommunikation Finanz5

560

60

420

280 20

40

280

140 16

20

140

0 Jan. 05

Wert nach Branche1

Finanzierung

12 Jan. 04

0

0 Jan. 05

Jan. 06

Jan. 07

Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06 Jan. 07

1 Wert der angekündigten Fusionen und Übernahmen, Mrd. US-Dollar. 2 Anzahl der globalen Geschäfte; in Tausend. 3 Anteil am Gesamtgeschäft; Prozent. 4 Durchschnittliches Agio, gleitender 3-Monats-Durchschnitt; Prozent. 5 Banken und Finanzdienstleister.

Quelle: Bloomberg.

Steiler Anstieg der Kreditvergabe für fremdfinanzierte Übernahmen im ersten Quartal

Grafik 7

Die globale Welle der Fusionen und Übernahmen, einschliesslich fremdfinanzierter Übernahmen, hielt im Berichtszeitraum unvermindert an und unterstützte den Kursauftrieb an den Aktienmärkten. In den USA wurde im 5-Monats-Zeitraum bis Ende Mai 2007 mit einem Gesamtwert von $ 1,1 Bio. das bislang höchste Volumen an Fusionen und Übernahmen angekündigt (Grafik 7). In Europa war dieses Geschäft im gleichen Zeitraum mit knapp über $ 1 Bio. ebenfalls sehr lebhaft, insbesondere im Banken- und Finanzsektor. Das am 23. April gemeldete Angebot von Barclays für ABN AMRO in Höhe von $ 91 Mrd. – käme die Transaktion zustande, wäre sie die bislang grösste im Finanzsektor – trug zu dem steilen Anstieg des angekündigten globalen Geschäftsvolumens im April bei. In früheren Fusionsbooms drückten im Allgemeinen mit Aktien finanzierte Übernahmen auf den Aktienkurs des Käufers, und ein etwaiger Wertzuwachs für Aktionäre kam vor allem den Aktionären des Übernahmeziels zugute (s. BIZ 76. Jahresbericht, Kapitel VI). Bei der aktuellen Übernahmewelle ist der Anteil der Aktienfinanzierungen jedoch eher klein; im ersten Quartal 2007 entsprach er nur 12% des Gesamtvolumens, während er bei der Fusionswelle von 1998–2000 im Durchschnitt über 50% gelegen hatte. Stattdessen nehmen Firmen nun mehr Fremdmittel auf, um Übernahmen zu finanzieren. In den USA schnellte der Gesamtbetrag der gezeichneten Konsortialkredite für fremdfinanzierte Übernahmen im ersten Quartal 2007 auf $ 82,3 Mrd. empor – fast das Doppelte des vorangegangenen Quartals.

Langsamere Erholung der Kreditmärkte Auch die Kreditmärkte erholten sich von der Turbulenzphase Ende Februar / Anfang März, allerdings langsamer als die Aktienmärkte. Investment-GradeKredite waren nur marginal betroffen, und ihre Zinsaufschläge weiteten sich um

BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

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Zinsaufschläge auf Kredite und Risikotoleranz Investment-Grade1

Hochrentierend1

Risikotoleranz

430 6,0

Preis des Risikos (LS)² Durchschnitt EDF (RS)³ 0,8 Median EDF (RS)³

72

360 4,5

0,6

58

290 3,0

0,4

44

220 1,5

0,2

86

US-Dollar Euro Pfund Sterling

30 Jan. 05 Sept. 05 Mai 06

Jan. 07

150 Jan. 05 Sept. 05 Mai 06

Jan. 07

0 Juni 04

0 Juni 05

Juni 06

1 Unternehmensanleihe-Indizes von Merrill Lynch; optionsbereinigte Aufschläge; Basispunkte. 2 Verhältnis zwischen risikoneutralen und empirischen Ausfallwahrscheinlichkeiten. Ein niedrigerer Wert zeigt eine erhöhte Risikotoleranz an. Empirische Wahrscheinlichkeiten basierend auf EDF-Daten von Moody’s KMV. Schätzungen der risikoneutralen Wahrscheinlichkeiten abgeleitet aus US-Dollar-CDS-Spreads (Dokumentenklausel MR) und Schätzungen der Rückflussrate. Das ausgewiesene Verhältnis ist der Wert des Median-Schuldners in einer grossen Stichprobe von Schuldnern unterhalb Anlagequalität. 3 Prozent.

Quellen: Markit; Merrill Lynch; Moody’s KMV; Berechnungen der BIZ.

Grafik 8

wenige Basispunkte aus, doch die Indizes der USA und Europas für hochrentierende Kredite kletterten in den beiden Wochen nach der Verkaufswelle um mehr als 40 Basispunkte über ihre historischen Tiefstände (Grafik 8). Während die Aktienmärkte ihre Verluste bis Ende März weitgehend wieder aufgeholt hatten, kehrten die Zinsaufschläge auf hochrentierende Kredite in Euro erst Mitte Mai auf ihren Tiefstand von Mitte Februar zurück. Am US-Dollar-Markt erreichten die Aufschläge auf hochrentierende Kredite sogar erst Ende Mai wieder das gleiche Niveau wie vor der Verkaufswelle. Wie an den Aktienmärkten schien die Preiskorrektur an den Kreditmärkten im Februar und März u.a. Veränderungen in der Risikotoleranz der Anleger widerzuspiegeln. Ein grober Schätzwert für den Preis einer „Risikoeinheit“ in einem bestimmten Segment des Kreditmarktes ist die Kennzahl für das Verhältnis zwischen den von Kreditrisikoaufschlägen abgeleiteten Ausfallwahrscheinlichkeiten und modellbasierten Schätzungen des Ausfallrisikos, z.B. der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit („expected default frequencies“ – EDF) von Moody’s KMV. Diese Messgrösse für den Preis des Risikos stieg im März und April kräftig an, und die Prämien auf Credit-Default-Swaps (CDS) blieben oberhalb ihrer tiefen Werte vom Februar, obgleich die EDF ihren langsameren Rückgang fortsetzten (Grafik 8 rechts). Tatsächlich fiel im April der EDFMedianwert für die in dieser Analyse verwendete Stichprobe von Schuldnern sowohl am US-Dollar- als auch am Euro-Markt auf zyklische Tiefpunkte (0,05% bzw. 0,04%). Im Hintergrund könnten Probleme am US-Hypothekenmarkt für nicht erstklassige („subprime“) Schuldner die Anleger beunruhigt, die Unsicherheit erhöht und zum Ausbruch der Marktturbulenz beigetragen haben. Die Ausfallquote bei Subprime-Krediten, die über weite Teile der Jahre 2004 und 2005 um

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BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

Sinkende Risikotoleranz im März und April

Probleme am US-Hypothekenmarkt …

US-Markt für nicht erstklassige („subprime“) Hypothekenkredite Ausfallquoten1

Spreads auf ABX-Tranchen2

2001 2002 2003 2004 2005 2006

06-1 BBB 06-1 BBB– 06-2 BBB 06-2 BBB–

12

6

9

12

15

18

21

24

Rating BBB Rating A Rating AA Rating AAA

1 550

600

8

1 050

400

4

550

200

50

0 3

Spreads auf Mezzanine-CDO3

Jan. 06

Juli 06

Jan. 07

0 Jan. 06

Juli 06

Jan. 07

1

Ausfallquote der seit mindestens 60 Tagen überfälligen Hypothekenkredite an nicht erstklassige Schuldner nach Kohorte; Prozent. Horizontale Achse = Monate. 2 Aktuelle Schlussspreads auf variabel verzinsliche Wohnimmobilienkredite (Index ABX.HE von JPMorgan Chase); Basispunkte. 3 Aufschlag gegenüber LIBOR von CDO-Tranchen, die mit Mezzanine-Tranchen von verbrieften Kreditportfolios (ABS) unterlegt sind; Basispunkte. Quellen: JPMorgan Chase; LoanPerformance.

… haben Folgen für CDO-Bewertungen

Grafik 9

11% geschwankt hatte, stand Ende 2006 bei 13%, und ein grosser Teil des Anstiegs war im vierten Quartal geschehen. Zudem konzentrieren sich die Probleme offenbar bei den jüngsten Krediten, die in den Jahren 2005 und 2006 vergeben wurden (Grafik 9 links). Einerseits könnte man annehmen, dass die breiteren Risiken aufgrund der relativ geringen Grösse des Subprime-Sektors begrenzt wären, denn auf Subprime- und sogenannte Alt-A-Kredite (die ebenfalls nicht als erstklassig eingestuft sind) zusammen entfallen nur etwa 14% der gesamten Ende 2006 ausstehenden US-Hypothekenkredite. Andererseits hatten steigende Ausfallquoten bereits eine Insolvenzserie bei Subprime-Kreditgebern verursacht, und seit November 2006 sind die Spreads auf mit Wohnimmobilienkrediten unterlegte Tranchen von „collateralised debt obligations“ (CDO; forderungsbesicherte Schuldverschreibungen) unterhalb Investment-Grade signifikant gestiegen (Grafik 9 Mitte). Von Ende Februar bis Ende Mai gingen diese Aufschläge leicht zurück, da die direkten Folgen der Probleme im Subprime-Sektor nun klarer zutage traten. Bei den Anlegern breiteten sich jedoch auch Bedenken wegen der Auswirkungen aus, die eine fortgesetzte Verschlechterung auf die Bewertungen von mit forderungsunterlegten Wertpapieren („asset-backed securities“, ABS) unterlegten CDO haben könnten. Wo genau am CDO-Markt die Risiken von Subprime- und Alt-A-Hypotheken konzentriert sind, ist schwer zu messen. Schätzungen auf Basis kommerziell erhältlicher Daten über einzelne CDOTransaktionen legen nahe, dass rund ein Drittel der gesamten Sicherheiten, mit denen Cash-CDO unterlegt sind, aus ABS (aller Arten) besteht. An ihnen haben Subprime-Hypotheken laut Branchenschätzungen einen erheblichen Anteil. Die Spreads auf mit Mezzanine-Tranchen von ABS unterlegte CDOTranchen weiteten sich Ende Januar 2007 signifikant aus – ein Zeichen dafür, dass die Anleger die Wahrscheinlichkeit einer bedeutenden Verschlechterung des zugrundeliegenden Sicherheitenpools höher einschätzten (Grafik 9 rechts). BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

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Die Zinsaufschläge auf hochrentierende Unternehmenskredite nahmen Mitte April ihre Talfahrt wieder auf; offenbar stimmten die unerwartet guten Gewinnmeldungen in den USA und die allgemein positiven Nachrichten über die Wirtschaftslage in Europa die Anleger zuversichtlich. Trotz der rasanten Zunahme der Fusionen und Übernahmen wie auch der Kreditvergabe für fremdfinanzierte Übernahmen im ersten Quartal lagen die Aufschläge auf hochrentierende Titel an den US-Dollar- und den Euro-Märkten am Ende des Berichtszeitraums einige Basispunkte unter ihren Tiefstwerten von Mitte Februar. Allerdings erreichten sie nicht an allen Kreditmärkten wieder das gleiche Niveau wie vor der Verkaufswelle. Im Gegensatz zu den Kassamärkten standen Indizes von Spreads auf CDS unterhalb Investment-Grade in US-Dollar und Euro am Ende des Berichtszeitraums deutlich höher als Mitte Februar. Ein robuster Absatz von CDO und anderen strukturierten Produkten stützte die Bewertungen an den breiteren Kreditmärkten ebenfalls. Insgesamt war der weltweite Absatz von CDO im ersten Quartal 2007 mit $ 251 Mrd. der bislang höchste. Zwar ging der Gesamtabsatz von Cash-CDO in US-Dollar zurück, doch der Absatz von mit ABS unterlegten CDO erreichte im ersten Quartal $ 58 Mrd. (Vorquartal: $ 48 Mrd.). Noch bedeutender war der Absatz synthetischer CDO oder CDS-unterlegter CDO mit Anlagequalität, der im ersten Quartal den Rekordwert von $ 121 Mrd. erreichte (Vorquartal: $ 92 Mrd.). Synthetische CDO bringen Erträge durch den Verkauf von Absicherung am CDS-Markt, überwiegend auf Investment-Grade-Schuldner. Der Absatz dieser Instrumente verläuft seit Mitte 2006 parallel zu einer Entkoppelung der CDS-Prämien und der vergleichbaren Renditenaufschläge auf Unternehmensanleihen, und zwar sowohl am US-Dollar- als auch am Euro-Markt. Nach der Verkaufswelle an den Kreditmärkten im März 2005 gingen die Spreads auf Investment-Grade-CDS bis Mitte Februar 2007 fast kontinuierlich zurück, während sich die vergleichbaren Aufschläge auf Unternehmensanleihen insgesamt wenig veränderten.

Hoher Absatz synthetischer CDO im ersten Quartal

Rasche Erholung aufstrebender Märkte nach der Verkaufswelle Die Renditenaufschläge für aufstrebende Volkswirtschaften setzten im Berichtszeitraum ihren seit einiger Zeit beobachteten Trend fort und sanken auf neue historische Tiefstwerte, während die Aktienkurse weiter kletterten (Grafik 10 links und Mitte). Der EMBI-Global-Spread-Index fiel von 175 auf rund 150 Punkte, und auch die CDS-Spreads für aufstrebende Volkswirtschaften gingen leicht zurück. Gleichzeitig legte der MSCI-Index für Aktien aufstrebender Volkswirtschaften 7% zu, sodass der Gesamtanstieg seit Ende 2006 10% beträgt. Trotz des in den letzten drei Monaten generell positiven Trends an den aufstrebenden Märkten kam es auch hier Ende Februar und Anfang März zu einer Verkaufswelle. Sowohl bei Anleihen als auch bei CDS stiegen die Spreads in der Woche nach dem 26. Februar um 20–25 Basispunkte, während

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BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

Renditenaufschläge für aufstrebende Volkswirtschaften auf neuen Tiefstwerten

Aktienkurse und Zinsaufschläge auf Staatsanleihen in aufstrebenden Volkswirtschaften Zinsaufschläge1

Aktienkurse4

CDS-Index ² Aufstrebende Volkswirtschaften³

400

Rohstoffpreise und Aktienkurse4

Asien Lateinamerika Europa

140 50

Jan. 07

400

320

120 40

300

240

100 30

200

160

80

20

100

60

10 Jan. 05

80 Jan. 05 Sept. 05 Mai 06

Shanghai 300 (RS)5, 6 Metallindex (RS)7 Shanghai 300-KGV (LS)5

Jan. 05 Sept. 05 Mai 06

Jan. 07

0 Jan. 06

Jan. 07

1 Basispunkte. 2 Mittlerer CDS-Spread für aktuelle 5-jährige CDX aufstrebender Volkswirtschaften; Basispunkte. 3 Index EMBI Global; Aufschlag gegenüber Renditen von Staatsanleihen; Basispunkte. 4 In Landeswährung; 31. Dezember 2005 = 100. 5 An der Börse von Shanghai oder Shenzhen notierte 300 repräsentativste A-Aktien. 6 Aktienindex. 7 Index der London Metal Exchange, Komponenten: Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn; US-Dollar.

Quellen: Bloomberg; Datastream; JPMorgan Chase; BIZ.

Effekte der Verkaufswelle kurzlebig

Chinas rasantes Wachstum positiv für aufstrebende Volkswirtschaften

Grafik 10

die Aktien um rund 10% einbrachen. Dieser Verkaufswelle lagen wahrscheinlich in erster Linie Sorgen um die US-Wirtschaft zugrunde, doch einer der unmittelbaren Auslöser war anscheinend ein Verlust von 9% im Aktienindex von Shanghai am 27. Februar. Dieser wiederum ging auf die verstärkten Befürchtungen der Anleger zurück, dass Massnahmen seitens der Behörden bevorstünden, um die von einigen Kommentatoren als „blasenartig“ beschriebenen Verhältnisse an den chinesischen Aktienmärkten abzukühlen. Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis, das historische Höchstwerte erreichte, deutete klar auf Überbewertungen hin (Grafik 10 rechts). Mitte Mai wurden Massnahmen zur Konjunkturdämpfung eingeleitet – u.a. eine Zinsanhebung, eine Erhöhung der Mindestreserven und eine Ausweitung des Währungsbandes. Sie vermochten wenig gegen den Optimismus der Anleger, die stattdessen in der zweiten Maihälfte den Börsenindex von Shanghai auf neue Allzeithochs emportrieben. Erneute Bemühungen, die Spekulationen am Markt einzudämmen – mit einer Verdreifachung der Stempelgebühr auf Aktiengeschäfte –, liessen den Börsenindex jedoch am 30. Mai um fast 7% einbrechen, und in den folgenden Tagen ging er weiter zurück. Obwohl die Anleger Bedenken, die durch die Verkaufswelle im Februar/März aufgekommen sein mochten, rasch wieder abtaten, behielten sie China im Blick. Die chinesische Wirtschaft setzte ihr rasantes Wachstum fort, und das BIP-Wachstum beschleunigte sich im ersten Quartal 2007 auf 11%. Den Marktteilnehmern war dieser Boom weitgehend willkommen; sie sahen sowohl ihn als auch das rasche Wachstum Indiens und anderer aufstrebender Volkswirtschaften als einen gewissen Ausgleich für den Konjunkturrückgang in den USA an. Zudem wurde Chinas weiterhin kräftiges Wachstum als positiv für mehrere aufstrebende Volkswirtschaften angesehen, namentlich für die

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Ratingänderungen und Risikoaufschläge Ratingänderungen1

CDS-Spreads für Rating B2

CDS-Spreads für Rating BB2

Heraufstufungen Herabstufungen 16

600

350

8

400

250

0

200

150

US-Unternehmen Aufstrebende Staaten 0

–8 Jan. 05Juli 05Jan. 06Juli 06Jan. 07

Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06 Jan. 07

50 Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06 Jan. 07

1

Monatliche langfristige Ratingänderungen für Staatsanleihen in Fremd- und in Landeswährung, von Fitch, Moody’s und Standard & Poor’s. 2 Täglicher Medianwert für CDS-Spreads; gleitender 5-Tages-Durchschnitt; Basispunkte.

Quellen: Bloomberg; Dealogic; Markit; Berechnungen der BIZ.

Grafik 11

Erzeuger von in China nachgefragten Rohstoffen. Besonders erkennbar war dies bei Erzeugern von Metallen wie Nickel, Zinn und Blei, deren Preise im Berichtszeitraum neue Höhen erklommen (Grafik 10 rechts). Dementsprechend führte die Meldung der chinesischen BIP-Zahlen Ende April zu steigenden Aktienkursen in Südafrika, in rohstofferzeugenden Ländern Lateinamerikas und in einigen anderen Ländern. Insgesamt blieben die Anleger zuversichtlich im Hinblick auf die aufstrebenden Volkswirtschaften, die anhaltend positive Wirtschaftsleistungen und starke Staatsfinanzen aufwiesen. Zudem wurden weiterhin mehr positive als negative Ratingänderungen vorgenommen (Grafik 11 links), was den Anstieg der Preise für Vermögenswerte an diesen Märkten ebenfalls unterstützte. Wie in der jüngeren Vergangenheit hatten isolierte Episoden lokaler Turbulenzen in einzelnen Ländern kaum Auswirkungen auf die Preise für Vermögenswerte in der Gesamtheit der aufstrebenden Volkswirtschaften. In der Türkei gingen Ende April die Aktienkurse auf Talfahrt, die Renditen stiegen sprunghaft an, und die Währung wertete ab, als nach den Unruhen im Zusammenhang mit der Wahl eines neuen Präsidenten die Sorgen der Anleger wegen der politischen Lage zunahmen. Für Venezuela stiegen die Renditenaufschläge, als publik wurde, dass sich das Land vom IWF zurückziehen wolle, und die Anleger daraufhin die Möglichkeit eines technischen Zahlungsausfalls bei venezolanischen Anleihen befürchteten. Doch Episoden wie diese hatten keine nennenswerten Ansteckungseffekte auf andere Länder und nur wenig Auswirkungen auf die aufstrebenden Volkswirtschaften allgemein. Neben der besseren Wirtschaftslage in den aufstrebenden Volkswirtschaften dürfte auch die hohe Risikotoleranz der Anleger erheblich zu den günstigen Entwicklungen der letzten Monate beigetragen haben. Selbst im Vergleich mit den haussierenden Kreditmärkten der fortgeschrittenen Industrieländer war der Erfolg von Schuldtiteln aufstrebender Länder bemerkenswert. Die CDS-Spreads auf Staatsschuldtitel aufstrebender Länder waren 14

BIZ-Quartalsbericht, Juni 2007

Hohe Risikotoleranz in aufstrebenden Volkswirtschaften …

… von Verkaufswelle nicht beeinträchtigt

weiterhin enger als CDS-Spreads für US-Unternehmen der gleichen Ratingklasse, und im Berichtszeitraum weitete sich diese Differenz noch aus (Grafik 11 Mitte und rechts). Dies könnte auf eine veränderte Einschätzung des relativen Kreditrisikos aufstrebender Märkte gegenüber dem Kreditrisiko von US-Unternehmen durch die Anleger zurückzuführen sein, doch möglicherweise spielte auch eine vergleichsweise starke Bereitschaft mit, Kreditrisiken aufstrebender Volkswirtschaften zu übernehmen. Die rasche Erholung der Preise für Vermögenswerte aufstrebender Volkswirtschaften nach der Verkaufswelle deutet darauf hin, dass die Bereitschaft der Anleger zur Übernahme solcher Kreditrisiken robust blieb und das Vertrauen der Marktteilnehmer nicht leicht zu erschüttern war, nicht einmal durch starke Schwankungen der Vermögenspreise.

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